Intensivmedizin up2date 2010; 6(3): 181-201
DOI: 10.1055/s-0029-1244232
Allgemeine Prinzipien der Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patienten mit Problemkeimen

Knut  K.  W.  Kampe, Ingo  Sobottka, Stefan  Kluge
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Publication Date:
09 July 2010 (online)

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Kernaussagen

Werden multiresistente Keime bei einem Patienten nachgewiesen, muss man unterscheiden, ob eine Kolonisierung oder eine behandlungsbedürftige Infektion vorliegt.

MRSA. Bei einer MRSA-Sepsis ist Vancomycin nach wie vor das Medikament der ersten Wahl. Linezolid sollte bei MRSA-Infektionen von Geweben (z. B. Lunge oder Weichteilen) eingesetzt werden, in die Vancomycin nur unzureichend eindringt. Da es nur bakteriostatisch wirkt, wird die Gabe bei einer Endokarditis nicht empfohlen.

Bei MRSA-Endokarditis gibt man Vancomycin, gegebenenfalls ergänzt durch Rifampicin und Gentamicin. Daptomycin ist ebenfalls geeignet zur Behandlung der Rechtsherzendokarditis, nicht jedoch bei Pneumonien, da es von Surfactant inaktiviert wird.

VRSA, VISA. Gegenüber Vancomycin unempfindliche MRSA müssen individuell nach Antibiogramm behandelt werden. Von den neueren Antibiotika wirkt Ceftobiprol, ein Cephalosporin der 6. Generation, auf MRSA und VRSA bakterizid.

VRE. Bei akut lebensbedrohlichen Infektionen mit VRE behandelt man primär mit einem sicher wirksamen Antibiotikum wie Linezolid oder Daptomycin. Nach Vorliegen des Antibiogramms kann auf ein preiswerteres Medikament gewechselt werden. Ampicillin wirkt meist auf E. faecalis, jedoch nicht auf E. faecium.

ESBL. ESBL sind regelmäßig auf Plasmiden codiert und können daher konjugativ zwischen E. coli, Klebsiella pneumoniae und anderen Enterobakterien übertragen werden. Zur Behandlung eignet sich ein Carbapenem. Bei abdominellen Infekten oder Infekten der Weichteile ohne Hinweis auf Pseudomonaden kommt auch eine Behandlung mit Tigecyclin in Betracht. ESBL mit Carbapenemasen sind äußerst schwer zu behandeln. Behandlungsoptionen sind Colistin plus Rifampicin oder Tigecyclin.

Pseudomonaden. Schwere Pseudomonas-Infekte behandelt man mit einer Kombination aus einem pseudomonaswirksamen Beta-Laktam-Antibiotikum und einem Fluorchinolon oder einem Aminoglykosid. Ein Umstieg auf eine Monotherapie sollte nur bei abklingendem Infekt erwogen werden. Das hierzu gewählte Antibiotikum muss im Antibiogramm eine sichere Wirksamkeit zeigen.

Multiresistente Pseudomonaden. Antibiotikakombinationen können noch wirksam sein, selbst wenn eine Teilresistenz gegenüber den Einzelsubstanzen vorliegt. Einer der Kombinationspartner sollte ein Beta-Laktam-Antibiotikum mit möglichst niedriger MHK sein. Durch eine hohe Dosierung der Antibiotika und eine Optimierung der Pharmakokinetik (verlängerte Infusion bei Beta-Laktam-Antibiotika, hohe Spitzenspiegel einmal täglich bei Aminoglykosiden) können Pseudomonaden mit intermediärer und niedriger Empfindlichkeit erreicht werden.

Colistin in vernebelter Form ist eine Behandlungsoption bei pulmonalen Infekten mit multiresistenten Pseudomonaden oder A. baumannii. Rifampicin, das alleine nicht gegen Pseudomonaden wirksam ist, wirkt synergistisch, wenn es zusammen mit einem Beta-Laktam-Antibiotikum und Gentamicin gegeben wird.

Screening, Eradikation. Patienten, die mit einem multiresistenten Keim besiedelt oder infiziert sind, sollten früh identifiziert und konsequent isoliert werden. Trotz des hierdurch entstehenden erheblichen Aufwands sind diese Maßnahmen kosteneffektiv.

Bei einer Kolonisation der Nase oder der intakten Haut mit MRSA ist ein Eradikationsversuch sinnvoll. Bei einer VRE- oder ESBL-Besiedlung gelingt die Eradikation in der Regel nicht.

Literatur

Dr. med. Knut Kampe

Klinik für Intensivmedizin
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

Martinistr. 52
20246 Hamburg

Email: k.kampe@uke.de